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Und Du machst einfach weiter …

Jul 08, 2025
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Wie unsere Fähigkeit, weiterzumachen, oft überdeckt, was eigentlich los ist – und warum das keine Schwäche, sondern eine Schutzstrategie ist.

Beim Zähneputzen am Abend denkst du an nichts –
und gleichzeitig an alles, was du heute geschultert hast.
Ohne Murren. Ohne Pause. Ohne sichtbare Wunden.
Und du fragst dich: Wie lange noch?

 

 

Vielleicht denkst du gerade: „Schon wieder so ein Text über Funktionieren und Erschöpfung …“ – fair.
Lies trotzdem gerne weiter. Nicht für den Teil in dir, der genervt ist –
 sondern für den, der leise genickt hat.

Vor ein paar Jahren hat sich das für Dich noch wie Stärke angefühlt.
Und manchmal war da auch Stolz – auf das, was alles geht.
Heute fühlt es sich anders an.

Das ständige Weitermachen.
Arbeiten unter Druck, um die Termine zu halten.
Den Überblick bewahren – auch wenn neue Regeln, neue Anforderungen,
neue Gesichter kommen und gehen.
Und du bleibst da. Und machst weiter.

Dieser Text ist kein Appell. Kein Coaching. Kein "Du musst mal hinschauen".
Er ist einfach ein Innehalten – von jemandem, der das kennt.
Vielleicht nicht genauso, aber nah genug.
Und der weiß: Es ist nicht leicht, stark zu wirken, wenn man sich innerlich längst müde fühlt.

Viele im Gesundheitswesen kennen dieses stille Funktionieren,
das von außen bewundert, aber selten hinterfragt wird.
Dabei ist es oft kein Ausdruck von Kraft, sondern Ausdruck einer inneren Not.

Funktionieren schützt

Es schützt vor Entscheidungen, die unbequem wären – weil sie andere Menschen betreffen, irritieren oder verletzen könnten.
Es schützt vor Auseinandersetzungen mit Kolleg:innen, Mitarbeiter:innen, Patient:innen. Vor Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt.

Und manchmal schützt es auch vor dem eigenen Schmerz. 
Vor der Erkenntnis, dass das eigene Leben – so, wie es gerade ist – nicht mehr viel bereithält. Oder weniger Freude bringt als früher.

Funktionieren ist nicht falsch. Im Gegenteil: Es ist oft ein Ausdruck von Verantwortungsbewusstsein, von Klarheit, von gelebter Stärke.
Und gerade weil es so wertvoll ist, bleibt es oft lange unangefragt.

Doch manchmal beginnt sich etwas zu verschieben:
Eine leise Ahnung, dass ein anderer Teil in uns ebenfalls sprechen möchte – 
der, der fragt: Was kostet mich das eigentlich – und wer sieht das?

Vielleicht ist das kein Entweder-oder. Vielleicht ist es der Anfang eines Dialogs – zwischen dem Teil, der weiterträgt, und dem, der still geworden ist.

Wer aufhört zu kompensieren, öffnet Türen.
Nicht zu Lösungen – sondern zu einem Raum, in dem plötzlich sichtbar wird,
wie viel bisher verschwiegen, verdrängt oder einfach durchgezogen wurde.
Und was das bedeutet.

In der Praxis zeigt sich das oft ganz konkret:
Der Moment, in dem jemand sich eingesteht, keine Kraft mehr zu haben – und ahnt, dass daraus Konsequenzen folgen könnten.

Wenn selbst kleine Entlastungen – weniger Arbeitszeit, mehr Teammitglieder (wenn man welche findet…) – finanzielle Auswirkungen haben,
die man kaum auffangen kann.
Wenn aus einer nötigen Umstrukturierung Diskussionen entstehen,
die das Team belasten.

Wenn aus der Entscheidung, nicht mehr alles allein zu tragen, die Frage erwächst, wer dann stattdessen trägt – und was das wiederum kostet.
Zeit, Geld, Nerven. Vertrauen. Zugehörigkeit.

Funktionieren hält den Laden am Laufen

Aber es kann auch bedeuten:
Die Praxis bleibt offen – und das Leben schließt.
Der Alltag läuft weiter – und das, was innerlich bewegt, bleibt stumm.
Die Abläufe stimmen – doch der Sinn ist kaum noch zu greifen.

Und so schließt sich ein Kreis:
Wer aufhört zu funktionieren, stellt nicht nur sich selbst infrage.
Sondern auch ein System, das auf Kompensation gebaut ist.

Das Störungen nicht vorsieht, sondern wegrationalisiert.
Das Stille nicht aushält – weil dann etwas hörbar werden könnte, was lieber ungesagt bleibt.

Wir hören oft von Menschen, die sich selbst in dieser stillen Dynamik wiederfinden.
Die wissen, dass etwas nicht stimmt – aber nicht wissen, wie sie es ändern sollen.

Die ahnen, dass etwas auf der Strecke bleibt – aber nicht benennen können, was.
Und manchmal ist es genau das: die eigene Lebendigkeit.

Es geht nicht um Schuld.
Nicht um richtig oder falsch.

Es geht darum, das anzuschauen, was ist – ohne gleich verändern zu müssen.
Denn der erste Schritt ist oft, hinzusehen – dahin, wo lange etwas übergangen wurde.

Wovor schützt mich mein Funktionieren?
Was hält mich eigentlich gerade am Laufen – 
und was hält mich davon ab, stehen zu bleiben?
Was würde sichtbar, wenn ich aufhöre, durchzuhalten –
und beginne, hinzuschauen?

Du musst nichts tun.
Aber wenn etwas in dir antwortet –
hör gerne zu.

Es mag jetzt noch nicht die Zeit für Antworten sein.
Aber vielleicht darf die Frage stehen bleiben.
Zwischen uns, in der Gemeinschaft.
Als klares Zeichen: Du bist nicht allein.

Mehr dann beim nächsten Mal.
Bis dahin: Manches wird klarer beim Schreiben. Anderes beim Lesen. 
Danke fürs Dabeisein.

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