Wenn nichts ist – und plötzlich alles da ist
Manchmal ist das Schwierigste nicht das Tun. Sondern das Lassen. Zwei Minuten Stille klingen harmlos - und bringen doch häufig viel in Bewegung.
Viele, die in Gesundheitsberufen arbeiten, kennen das:
Es ist oft viel leichter, weiterzumachen, als zur Ruhe zu kommen.
Weiterarbeiten, noch schnell etwas erledigen, noch einen Gedanken sortieren – das geht fast automatisch.
Aber sich wirklich auszuruhen?
Uff. Klingt gut. Fühlt sich aber komisch an.
Wer lange im Funktionsmodus war, hat oft verlernt, was eine echte Pause bedeuten kann.
Wie ein Raum, in dem man plötzlich nichts zu tun hat – aber auch nicht weiß, wo man sich hinstellen soll.
Von außen sehen Pausen häufig nach Erholung aus:
Da liegt jemand auf dem Sofa. Macht einen Spaziergang. Hört ein Hörbuch.
Aber innen läuft oft alles weiter – nur eben leiser.
Noch ein Gedanke. Noch eine Erinnerung. Noch schnell was klären im Kopf.
Manchmal dreht sich das Gedankenkarussell sogar schneller, je stiller es außen wird.
Und manchmal merken wir das nicht mal.
Weil wir so sehr ans Weitermachen gewöhnt sind, dass wir selbst in der Stille beschäftigt bleiben.
Vielleicht ist es gar nicht dein Wunsch, weiterzumachen.
Vielleicht ist es ein alter Reflex.
Oder ein Teil von dir, der gelernt hat:
Wer stehenbleibt, wird schwach.
Wer loslässt, verliert.
Und dann ist die Pause plötzlich nicht leer – sondern voller Geschichten,
die wir sonst übertönen.
Warum Nichtstun oft schwerer ist als Tun
Weil dann Fragen auftauchen,
die sich sonst unter dem „Lärm“ verlieren:
„Will ich so eigentlich weitermachen? Und wenn nein - wie dann?“
„Was fehlt mir?“
„Was spüre ich wirklich, wenn ich nichts leisten, nichts planen, nichts verbessern muss?“
Vielleicht ist auch das ein Teil deiner Geschichte:
Dass Pausen nie leer waren – sondern voller Erwartung.
Vielleicht meldet sich gerade nicht die Ruhe,
sondern der Teil in dir, der gelernt hat, wachsam zu bleiben.
Auch das darf da sein.
Und vielleicht beginnt etwas Neues genau da,
wo du merkst:
Was dich einmal geschützt hat,
hilft dir heute nicht mehr.
Und manchmal ist die Antwort:
„Ich weiß es nicht.“
Oder:
„Ich weiß es - und es scheint unerreichbar.
Nicht realistisch. Nicht erlaubt. Nicht jetzt.“
Kein Wunder also, dass der Alltag oft hilft, das zu überdecken.
Die To-do-Liste ruft.
Die Inbox füllt sich.
Das Tempo schützt - vor dem Fühlen.
Und Nichtstun wirkt dann wie Faulheit.
Wie Stillstand.
Wie Zeitverschwendung.
Aber vielleicht ist es genau das Gegenteil:
Ein erster Schritt - raus aus dem Funktionieren.
Was, wenn in der Stille nicht die Leere lauert, sondern die Begegnung mit uns selbst?
Nicht als Aufgabe. Nicht als Selbstoptimierung.
Sondern als Moment der Offenheit.
Einfach als: du. So wie du gerade bist.
Vielleicht zeigt sich in diesen zwei Minuten etwas …
… das noch keine Lösung hat.
… das nicht sofort Sinn ergibt.
… das einfach nur da ist.
Eine Müdigkeit.
Eine Sehnsucht.
Ein Gedanke, den du sonst sofort weggewischt hättest.
Und vielleicht reicht genau das.
Ein kleiner Moment als Einladung
Wenn du magst: Schenk dir zwei Minuten.
Nicht um etwas zu verbessern, zur Ruhe zu kommen oder als Übung.
Einfach nur zwei Minuten, in denen nichts muss.
Zwei Minuten, in denen etwas auftauchen darf,
das sonst keinen Platz hat.
Und falls du nichts spürst?
Auch gut. Dann ist das eben gerade dran.
Manche Begegnungen brauchen mehrere Anläufe.
Auch die mit sich selbst.
Wenn du dich darin wiederfindest -
in dieser kleinen, großen Schwelle zwischen Tun und Lassen -
bleib gern dabei.
Mehr dann beim nächsten Mal.
Bis dahin: Manches wird klarer beim Schreiben.
Anderes beim Lesen. Danke fürs Dabeisein.
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